Obstkorb und Tischkicker.
Fair Work. Zwei Worte, so viel bedeutsamer, als die üblichen Buzzwords. Es geht dabei um die höchst notwendige Beendigung von struktureller Benachteiligung.
Noch vor vier oder fünf Jahren brüsteten sich Unternehmen, die im „war for talents“ die Nase vorn haben wollten, mit ganz speziellen Sozialleistungen. Ganz oben auf der Köder-Skala standen zwei symbolhafte Goodies: Der Obstkorb und der Tischkicker. Damit wollte man den Unterschied zu jenen Unternehmen klarstellen, die sogar für den Mitarbeitenden-Kaffee einen Obulus einheben wollten. Aus eigener Führungs-Erfahrung kann ich anmerken: Die tägliche kostenlose Versorgung von ca. 40 Mitarbeitenden mit Brot, Wurst, Käse, Aufstrichen, Obst, Joghurt, Säften, Snacks kostete in dem Unternehmen, das ich leiten durfte, den Gegenwert des Jahreshonorars eines mittelgroßen Kunden. Nun sind Obstkorb und Tischkicker zu Hassobjekten geworden. Zu negativen Leuchttürmen für Symbolpolitik, die an den Essenzen vorbeidenkt.
Was sind nun die Essenzen? Von all den Impulsen, die nun die endlich breite Diskussion beherrschen, glaube ich zutiefst an die folgenden: Absoluter Stopp jeglicher Diskriminierung nach Rasse, Hautfarbe, Religion, Alter, Herkunft, sexueller Orientierung und Geschlecht. Zu jedem einzelnen dieser Faktoren ließe es sich seitenlang schreiben.
Aus meiner Sicht sollte vor allem ein Thema den unbedingten und dringenden Vorrang vor allen anderen haben: Die chronische, notorische, hinterhältige und bis ins Bösartige kippende Schlechterstellung von Frauen. Wenn nicht endlich der „Gender-Pay-Gap“ (durchschnittlich 25% weniger Lohn für Frauen für die gleiche von Männern verrichtete Arbeit) radikal geschlossen wird, fliegen uns gesellschaftlich die nassen Fetzen um die Ohren.
Wenn nicht endlich strukturell dafür gesorgt wird, dass für die Kinder berufstätiger Frauen eine gesicherte und pädagogisch hochwertige Tagesbetreuung zur Verfügung steht, werden Millionen von Frauen in die Pensionslücke stürzen, weil sie durch Erziehungszeiten und vor allem Teilzeitarbeit keine vollwertigen Pensionsansprüche erwerben können.
Wenn nicht endlich gesicherte Quoten für weibliche Führungskräfte eingerichtet werden, wird uns das Testosteron der beharrenden Kräfte ruinieren. Das sind nach meinem Dafürhalten die wirklich rabiat wichtigen Themen – noch lange vor anderen ebenfalls relevanten Anliegen.
Hier sei nur beispielhaft und prominent das Thema Arbeitszeit angeführt, das durch die Pandemie wenigstens so weit geradegerückt wurde, dass Homeoffice und 4-Tage-Woche keine Verdachtsauslöser für heimliche Urlaube, sondern zu positiven Produktivitäts-Faktoren wurden.
Aber das ist eine andere Geschichte.