In den Ausnahmen stecken die Lösungen.
Auch wenn die mörderischen Ereignisse in der Ukraine alles, was ich noch schreiben werde, Lügen strafen; auch wenn es mich tatsächlich mit Freude erfüllt, wenn sich die Ukrainer aktuell ihr Land wieder zurückholen:
Konflikt-Management in einem Biotop, das zumindest ohne Angriffs-Krieg auskommen möchte, lebt vom Ziel der Handlungsfähigkeit aller Beteiligten am Ende der Auseinandersetzung.
Und nicht von Sieg oder Niederlage.
Denn das wäre ein Modus aus dem Neanderthal, dem wir ja doch auf so vielen Ebenen entwachsen sind oder sein sollten.
„In den Ausnahmen stecken die Lösungen.“
Das ist ein Mantra, das schon so oft geholfen hat, wieder Beweglichkeit in verfahrene Situationen zu bringen. Wenn es zwei Personen oder Gruppen schwer miteinander haben und nur ganz wenige Felder der Übereinstimmung zu finden sind, dann lohnt es sich sehr, genau auf eben diesen Feldern der Ausnahme den positiven Unterschied zu suchen.
Wo stimmen wir ausnahmsweise überein und was ist die DNA dieses Unterschieds? Und wie können wir diese DNA dorthin exportieren, wo wir Schwierigkeiten miteinander haben? Was könnten wir einander erleichtern, indem wir uns an den guten Ausnahmen orientieren, anstatt an den alten ausgetretenen Trampelpfaden des Dissenses?
Und:
Über welchen Schatten bin ich bereit, zu springen, um dem gemeinsamen Ganzen eine bessere Chance zu geben, als dem isolierten Ego? Was könnte ich geben – auch wenn es mir schwer fällt – um im Gegenzug etwas zu erhalten, auf das ich schon lange warte?
Das alles sind keine räucherstäbchenbedufteten Aphorismen, sondern in hunderten betreuten Konfliktsituationen erfolgreich und nachhaltig praktizierte Interventionen, die wieder Beweglichkeit und Konstruktivismus hervorgerufen haben.
Ganz nach dem Motto: Wenn ich möchte, dass sich etwas bewegt, bewege ich mich zuerst.
Wenn sich mein Zahnrad im Uhrwerk der Befindlichkeiten anders dreht, als bisher, hat das Auswirkungen auf alle anderen Zahnräder und das ganze Uhrwerk.
Ein bisschen guten Willen müsste es allerdings dafür geben.
Hier hilft vielleicht eine andere Erkenntnis, die mir privat und beruflich grade in dieser Zeit gesellschaftlicher Zerwürfnisse immer häufiger geholfen hat:
Ich unterstelle dem anderen Menschen „vorsichtshalber“ gute Absichten.
Und erwarte mir diesen Vorschuss auch für mich.